Feedback – Vom Prüfstein zum Sprungbrett
Autorinnen: Lena Kruse & Laura Schulte
Musik: Playground Fun by Ahjay Stelino/Mixkit.co | Dance with Me by Ahjay Stelino/Mixkit.co
In der achten Ausgabe von "Schon gehört?" geht es um Feedback in der Hochschullehre. Rückmeldungen begleiten Lehr-Lern-Prozesse auf vielfältige Weise – sei es während einer Veranstaltung, am Ende eines Seminars oder im Rahmen von Prüfungen. Unsere studentischen Mitarbeiterinnen sprechen mit Lehrenden und Studierenden der TU Dortmund über gelungene Feedbackpraxis, Herausforderungen und die Frage, wie eine konstruktive Feedbackkultur in der Hochschule aussehen kann. Freuen Sie sich auf vielfältige Perspektiven und praxisnahe Impulse für Ihre eigene Lehre!
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Transkript der Folge 8: Feedback – Vom Prüfstein zum Sprungbrett
Moderatorin: Lena
Interviewpartner*innen: Anna-Lena Rose, Daniel Pickströer, René Schlüter, Ahmed Mansour und Felix Hoppe
[Einleitungsmusik]
Lena: Hallo und herzlich willkommen an alle Zuhörer*innen zu einer neuen Folge von "Schon gehört". Ich bin Lena – und heute sprechen wir über ein Thema, das in der Hochschullehre immer wieder im Mittelpunkt steht: Feedback. Ob zwischen Lehrenden und Studierenden oder im kollegialen Austausch – Feedback kann Orientierung geben, Entwicklung fördern und Lernprozesse stärken. Aber wie gelingt eigentlich gutes Feedback? Was wünschen sich Studierende? Und welche Rolle spielt Feedback für Lehrende? Dazu habe ich wieder spannende Gäste eingeladen, die ihre Erfahrungen, Sichtweisen und Praxisbeispiele mit uns teilen. Mit dabei sind Anna-Lena Rose, Daniel Pickströer, René Schlüter und die Studierenden Ahmed Mansour und Felix Hoppe. Freut euch auf interessante Einblicke – und viel Spaß beim Zuhören!
Den Auftakt macht Anna-Lena Rose. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Hochschuldidaktik und Hochschulforschung am Zentrum für HochschulBildung der TU Dortmund und sie ist auch in der Lehre aktiv. Mit ihrer langjährigen Erfahrung in der Hochschuldidaktik bringt sie eine reflektierte Perspektive auf unser Thema mit. Wir wollten von ihr wissen: Was macht gutes Feedback in der Hochschullehre eigentlich aus?
Anna-Lena Rose:
Gutes Feedback in der Hochschullehre, würde ich sagen, sollte jemandem helfen, seine/ihre Lernziele zu erreichen und die Qualität wissenschaftlicher Arbeit zu verbessern. Ja, ich denke, das ist der Kern.
Lena: Auch Daniel Pickströer hat eine klare Vorstellung davon, was gutes Feedback leisten sollte. Daniel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Neue Testament an der Fakultät für Evangelische Theologie der TU Dortmund. Er betreut ein Seminar, in dem Studierende Hausarbeiten schreiben – und Feedback ist dabei zentral. Er sagt:
Daniel Pickströer:
Also gutes Feedback ist für mich vor allem wertschätzend. Es ist detailliert und es ist eine Anleitung, um es beim nächsten Mal besser zu machen.
Lena: René Schlüter arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Mathematikdidaktik am Institut für die Entwicklung und Erforschung des Mathematikunterrichts. Auch für ihn ist klar:
René Schlüter:
Kurz gesagt: Feedback ist das, es ist dann meiner Meinung nach gut, wenn ich daraus etwas mitnehmen kann, dass es mich darin bestärkt, es nächstes Mal besser zu machen oder aber auch eben auch beizubehalten.
Lena: Wie erleben Studierende das Feedback, das sie erhalten? Ahmed studiert im Master Immobilien- und Baumanagement, nachdem er seinen Bachelor im Bauingenieurswesen an der TU Dortmund abgeschlossen hat. Für ihn ist Feedback in erster Linie eines:
Ahmed Mansour:
Für mich ist Feedback eigentlich immer eine Hilfestellung, weil ich, also ich bekomme ja nur Feedback, wenn ich etwas mache, etwas vorstelle, etwas präsentiere und darüber bekomme ich ja dann das Feedback. Und ja, wenn ich jetzt zum Beispiel eine Präsentation habe und dann ein Feedback dazu haben muss, also, weil es ja Teil der Präsentation ist, kann es ja auch ein schlechtes oder ein gutes Feedback sein. Das ist ja erstmal egal.
Lena: Felix Hoppe studiert Maschinenbau im Master an der TU Dortmund und schreibt aktuell an seiner Masterarbeit. Er betont besonders die motivierende Funktion von Feedback.
Felix Hoppe:
Ich finde, überwiegend hat Feedback für mich einen motivierenden Faktor, dass man halt einfach Rückmeldungen darüber bekommt, ob das, was man jeden Tag so fabriziert, gut ist oder nicht gut ist, ob man da noch Defizite hat oder ob es Bereiche gibt, in denen man sich halt noch ein bisschen weiter verbessern muss.
Lena: Doch wie wird Feedback eigentlich praktisch umgesetzt? Welche Wege wählen Lehrende, um Studierenden konstruktive Rückmeldungen zu geben – sei es schriftlich, digital oder im direkten Austausch? Daniel Pickströer gibt uns einen Einblick in seine Vorgehensweise – präzise, digital gestützt und durchdacht.
Daniel Pickströer:
Erst mal generell: ich lasse die Arbeiten digital abgeben in PDF-Form und nutze dann, so viel Werbung muss erlaubt sein, den Adobe Reader dafür, um Kommentare zurückzugeben, weil ich finde, dass man da punktgenau Feedback geben kann, also wirklich an den Stellen ansetzen.
Ich versuche jeden kleinen Fehler sprachlicher Natur, inhaltlicher Natur, methodischer Natur anzumerken und den Kommentar dann so ausführlich wie möglich und nötig zu beschreiben, was dort hätte besser gemacht werden können. Und gebe den Studierenden dann auch diese Feedbackdatei zurück mit der Bitte um Durchsicht und dann meistens noch einen Orientierungspunkt, an dem sie auch sehen können, welchen Bereichen sie sich bewegen.
Lena: Auch René Schlüter arbeitet mit digitalen Tools – etwa in Moodle. Dort gibt er individuelles, schriftliches Feedback zu den wöchentlichen Übungsabgaben.
René Schlüter:
Die Studierenden reichen dann beispielsweise wöchentlich Abgaben ein mit ihren bearbeiteten Übungsaufgaben und ich als Übungsleitung schaue eben da rein und kommentiere das Ganze, das heißt, ich gucke mir die Bearbeitung an, hab dann die Möglichkeit, beispielsweise im Moodle Dinge hervorzuheben, zu markieren oder zu kommentieren und gehe dann eben durch und ja, wenn es mir halt auffällt, dass das, ja, dass an manchen Stellen noch etwas fehlt oder vielleicht noch nicht so ganz so ist, wie man sich das vorstellen könnte, kommentiere ich das eben entsprechend.
Lena: Darüber hinaus beschreibt René auch, wie wichtig ihm der persönliche Kontakt zu den Studierenden ist – etwa während der Übungsphasen oder im offenen Arbeitsraum, wo Feedback direkt und im Gespräch erfolgt.
René Schlüter:
Wenn ich sehe, dass da Studierende vielleicht ein paar Probleme bei den Aufgaben haben, dann gehe ich natürlich da hin und gehe mit ihnen darüber ins Gespräch und dann können wir darüber eben reden. Wenn sich Leute melden, natürlich genau dasselbe und im Austausch, im Plenum, haben wir natürlich auch wieder die Möglichkeit, darauf einzugehen. Also sowohl, wenn wir vorbereitete Aufgaben gemeinsam besprechen, als auch wenn wir die Ergebnisse der Arbeitsphase gemeinsam besprechen, kann man natürlich darauf eingehen.
Also es ist dann, ja ich weiß gar nicht, ob ich es genau Feedback nennen würde, aber man redet ja dann über die Aufgaben und geht dann auch auf die Lösungen der Studierenden ein, auf die Ideen, die sie dann noch äußern und so weiter und so fort und natürlich greift das dann auch deren Bearbeitung, deren Ideen auf und knüpft dann daran an, bestätigt das vielleicht oder arbeitet damit weiter. Ich weiß aber jetzt nicht, ob ich es direkt als Feedback beschreiben würde, das ist ja eher so ein gemeinsamer Austausch, aber man könnte es auch als Feedback bezeichnen, denke ich. Dasselbe haben wir auch, also beispielsweise in der Veranstaltung, in der ich jetzt gerade tätig bin, gibt es auch Wochen, also wir haben offene Arbeitsräume, das bedeutet, dass die Studierenden einmal die Woche, außer es sind vielleicht Feiertage oder so, die Möglichkeit haben, mit einer Übungsleitung von uns, in dem Fall übernehme ich das dieses Semester, in der didaktischen Werkstatt, also in einem Raum, wo die Studierenden einfach hingehen können, der offen ist, der zugänglich ist, sich da hinsetzen können und ihre Aufgaben bearbeiten können oder was auch immer sie da machen wollen und haben dann immer mich oder jemand anderen als Ansprechpartner und der die dann unterstützen kann bei dieser Bearbeitung, Fragen klären kann und so weiter. Und wenn man das macht und dann über gemeinsam vielleicht auch Dinge erarbeitet, dann ja, dann geht man natürlich auf deren Lösungen ein und gibt dann dementsprechend auch Feedback.
Lena: Aber wie kommt das Feedback auf der anderen Seite an? Die Studierenden bringen dabei ganz konkrete Erwartungen zum Ausdruck: Denn Feedback ist nicht immer leicht zu verstehen – oft bleibt es vage oder verwirrend, manchmal sogar richtig frustrierend. Ahmed weist uns auf diese Herausforderung hin. Er wünscht sich vor allem eines: klare, respektvolle Rückmeldungen, die ihm wirklich weiterhelfen.
Ahmed Mansour:
Wenn das wirklich konstruktiv ist, mir weiterhilft und auf einer Ebene von Augenhöhe passiert. Also klar, Professor, Student ist natürlich jetzt von der Ebene nicht auf Augenhöhe, aber ich meine, mit dem Gegenüber respektvoll und in gutem Umgang und konstruktiv zu kritisieren und wirklich einen weiterzubringen, ich glaube, das ist für mich gutes Feedback.
Und Feedback kann aber auch natürlich sein, ja, super gemacht worden ist. Da freut man sich natürlich auch. Das ist natürlich sowieso positiv.
Lena: Für Ahmed sind klare Rückmeldungen entscheidend, um sich verbessern zu können. Ähnlich denkt Felix, der gerade bei Gruppenarbeiten individuelles Feedback besonders wichtig findet.
Felix Hoppe:
Ich finde auch, dass es insbesondere im Kontext von Gruppenarbeiten besonders wichtig ist, dass man auch ein Einzelfeedback erhält, dass nicht nur die Gruppenleistung bewertet wird. Weil, die meisten Gruppenarbeiten finden natürlich nicht auf dem Niveau statt, dass alle dieselbe Leistung erbringen oder das wäre auch gar nicht zielführend, wenn alle dasselbe bearbeiten würden. Dementsprechend finde ich es immer gut, wenn man für seinen Teil der Arbeit individuell Rückmeldungen erhält und das war bei mir tatsächlich auch überwiegend der Fall.
Lena: Neben der Frage, wie Feedback gegeben wird, ist es auch interessant, von wem es kommt. Denn Rückmeldung muss nicht immer von Lehrenden stammen. Ein Konzept, das in der Hochschullehre zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist das sogenannte Peer Feedback.
Damit ist Feedback gemeint, das Studierende sich gegenseitig geben – also von Gleichrangigen, nicht von Personen mit hierarchischem Abstand. Das Ziel: ein Austausch auf Augenhöhe, der Lernprozesse unterstützt, Perspektiven erweitert und Studierende aktiviert, sich kritisch mit der eigenen und der Arbeit anderer auseinanderzusetzen. Anna Lena Rose bringt hier eine besonders reflektierte Perspektive ein – geprägt durch ihre eigenen Erfahrungen in internationalen Hochschulsystemen.
Anna-Lena Rose:
Ich habe selbst in den Niederlanden studiert. Wir hatten immer sehr, sehr kleine Kurse, wirklich wenige Studierende in jedem Kurs und da war es völlig normal, dass man Peer Feedback bekommen, aber auch Peer Feedback gegeben hat. Das war da einfach ein integraler Bestandteil der Lehre und für mich war das einfach völlig vorausgesetzt.
Wenn man sich anschaut, wie in Deutschland manchmal Feedback gegeben wird, das kann ganz schön hart sein. Ich bin halt diese nette Feedback-Kultur gewohnt, die man so aus dem anglo-sächsischen Bereich und halt auch in den Niederlanden kennt, dass man erst mal was Nettes sagt und dann sagt, ja, aber ich habe noch nicht ganz genau verstanden, wie du das eigentlich meintest oder könnte man das und das nicht auch so und so sehen, quasi so vorsichtige Andeutungen mit Verbesserungsvorschlägen.
Kann vom Kern genauso vernichtend sein, aber man sagt es einfach auf eine nettere Art und Weise.
Lena: Für Anna-Lena ist Peer Feedback nicht nur eine Methode, sondern ein zentrales Element wissenschaftlicher Praxis – und eine wichtige Zukunftskompetenz für Studierende.
Anna-Lena Rose:
Also ich glaube, ja, Peer Feedback das geht so viel weiter, als was man eigentlich glaubt, was es ist. Es ist halt nicht nur ein Studi, sagt zu dem, was der andere Studi gemacht hat, irgendwas, sondern Peer Feedback ist A, das hatte ich ja vorhin schon gesagt, integraler Bestandteil des wissenschaftlichen Diskurses.
Das heißt, wenn wir hier Studentinnen und Studenten ausbilden wollen, auch als potenzielle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von morgen, dann müssen wir ihnen das beibringen, wie das funktioniert. B, glaube ich, dass, wenn man Peer Feedback nimmt, vielleicht nicht so sehr, aber wenn man Peer Feedback gibt, dass man sich dann viel, viel tiefer auseinandersetzen muss, auch mit den Lernzielen eines Kurses. Und dass einem also das Geben von Peer Feedback nochmal helfen kann, sich viel genauer auseinanderzusetzen mit dem, was muss ich hier eigentlich können, dann auch hilft, eigentlich zu reflektieren auf seine eigene Arbeit.
Und ich glaube auch, dass das wäre dann Punkt C, Peer Feedback immer wichtiger wird in der Arbeitswelt. Also weg vom, okay, die müssen es können, wenn sie in die Wissenschaft wollen. Nein, es ist auch, wenn man diese 21st-Century-Skills, diese Kompetenzen des 21. Jahrhunderts und Arbeitsmarktkompetenzen denkt. Es wird immer wichtiger, kritisch zu denken und das auch äußern zu können. Und ich glaube auch, dass Peer Feedback total hilft dabei, so eine Authority of Knowledge zu dekonstruieren.
Also der Lehrende so als Allmächtiger, der immer alles weiß, von dem Rollenbild kommt man mit Peer Feedback ein bisschen los und zeigt den Studierenden, dass sie selber nämlich wohl wissen und dass sie wohl können. Und das auch nicht nur auf eine vorgegangene Art und Weise, nicht so, ihr könnt das auch, was ich kann, sondern noch darüber hinausgehend sehe ich, dass gerade wenn es jetzt irgendwie um Bachelor-Arbeiten geht und die da komplett ihr eigenes Forschungsvorhaben designen, ja natürlich kann ich denen was sagen, aber es basiert doch sehr stark irgendwie auf meinen Erfahrungen und meinen Meinungen. Und diese Vielperspektivität, die da reinkommt, wenn die anderen auch ihr Peer Feedback abgeben, ja, das könnte ich alleine gar nicht leisten.
Lena: Ihr Fazit macht deutlich, dass Peer Feedback nicht nur den wissenschaftlichen Diskurs bereichert, sondern Studierenden auch hilft, sich tiefgehender mit Lerninhalten auseinanderzusetzen und so ihre eigene Arbeit besser zu reflektieren. Zudem wird diese Fähigkeit zunehmend auch außerhalb der Wissenschaft immer wichtiger – für kritisches Denken und die Fähigkeit, Wissen aktiv zu hinterfragen und zu kommunizieren.
Das waren spannende Einblicke in die facettenreiche Welt des Feedbacks – und wie es vom kritischen Prüfstein zum echten Sprungbrett für Lernen und Entwicklung werden kann.
Ein herzliches Dankeschön an meine Gäste für ihre Offenheit, ihre Erfahrungen und ihre inspirierenden Perspektiven auf eine Feedback-Kultur, die stärkt, motiviert und weiterbringt.
[Start Musik]
Wir hoffen, dass diese Folge unseren Zuhörer*innen Lust gemacht hat, Feedback neu zu denken – als Motor für persönliche Entwicklung, wissenschaftlichen Dialog und zukunftsfähige Lehre.
Danke fürs Zuhören – und bis zum nächsten Mal! Viel Freude beim Gestalten lebendiger, lernförderlicher Hochschullehre!
[Ende Musik]