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Zentrum für HochschulBildung
Podcast "Schon gehört?" | Folge 4

Prüfungen – Erfahrungen und Perspektiven von Studierenden

Autorinnen: Lara Pauls, Wiebke Malin Peckedrath & Laura Schulte
Musik: Playground Fun by Ahjay Stelino/Mixkit.co | Dance with Me by Ahjay Stelino/Mixkit.co

In der vierten Podcast-Folge von "Schon gehört?" geht es um Prüfungen aus Studierendensicht. Unsere studentischen Mitarbeiterinnen haben dieses Mal Kommilitonen und Kommilitoninnen an der TU Dortmund zum Thema Prüfungen befragt: Haben sich die Prüfungen verändert? Und wenn ja, inwiefern? Wie sieht die Feedback-Kultur in Sachen Prüfungen aus?
Vorläufiges Fazit: Es gibt noch Entwicklungspotential…

Download (mp3 – 13,1 MB)


Transkript der Folge 4: Prüfungen

Moderatorin: Laura
Interviewpartner*innen: Studierende der TU Dortmund (Namen geändert)

[Start Musik]

Laura: Hallo und herzlich Willkommen an alle Zuhörer*innen zu unserem Podcast aus der Rubrik "Schon gehört?" mit mir, Laura.

[Ende Musik]

Laura: Das Jahr neigt sich dem Ende zu und die besinnliche Weihnachtszeit steht vor der Tür, eigentlich eine Zeit der Ruhe und Entspannung. Doch viele Studierende werden auch in diesen Weihnachtsferien wieder gedanklich viel Zeit mit der Uni verbringen, denn im Januar beginnt schon bald wieder die Prüfungsphase. Neben den Vorbereitungen auf Klausuren und mündliche Prüfungen will oft auch die eine oder andere Hausarbeit geschrieben werden.
Dies bringt uns auch zum Thema unserer heutigen Podcast-Folge: Wir wollten von den Studierenden wissen, wie sie die Prüfungen in ihrem Studium zurzeit wahrnehmen. Während der Corona-Semester waren die Prüfungen oft experimentell. Es wurden neue Prüfungskonzepte und -formate ausprobiert und auch auf digitale Tools zurückgegriffen. Schon in unserem letzten Podcast waren Prüfungen kurz ein Thema. Studierende lobten dort die kompetenzorientierten Aufgaben in Online-Prüfungen. Unter Online-Prüfung verstehen wir eine Distanzprüfung, die in einer vorgegebenen Zeit absolviert werden muss. Falls Sie, liebe Zuhörer*innen, diese Folge noch nicht kennen, können Sie diese auf der Webseite des Bereichs Hochschuldidaktik nachhören.
Für diese Folge waren wir wieder auf dem Campus unterwegs und haben noch einmal explizit bei den Studierenden nachgefragt, ob und wie sich, während der Online-Semester ihre Prüfungen verändert haben. Und, ob neu eingeführte Konzepte und Formate auch in den Präsenzsemestern Bestand haben. Außerdem wollten wir wissen, wie es mit der Vor- und Nachbereitung läuft. Fühlen sich die Studierenden durch ihre Lehrveranstaltungen gut auf die Prüfungen vorbereitet und gibt es hilfreiches Feedback, wenn eine Prüfung mal nicht so gut gelaufen ist?
Viele Studierende haben uns berichtet, dass sie die Online-Prüfungen als angenehmer wahrgenommen haben als die Präsenzprüfungen. Ein Student äußert sich dazu wie folgt:

Student Felix:

Ich würds nicht beschreiben, also ich könnts nicht genau beschreiben in welchem Umfang, aber es ist ein anderes Feeling. Wenn man in einer Präsenz-Prüfung sitzt, dann sitzt du mit vielen Studierenden in einem Hörsaal und schreibst die Prüfung und guckst nach rechts, guckst nach links, schaust in die Gesichter und siehst dich da einem gewissen Druck auch ausgesetzt und in der digitalen Prüfung, wo du dann auch einfach vor deinem PC sitzt und in deiner Atmosphäre, in deiner ruhigen Atmosphäre, bist, ist das alles noch ein bisschen entspannter würde ich sagen.

Laura: Diese positive Einschätzung von Online-Prüfungen wird von anderen Studierenden geteilt, es gab aber auch Gegenstimmen. So merkte zum Beispiel ein Student an, dass es ihm schwerfalle, sich zu Hause in den "Klausurmodus" zu versetzen. Dazu kommt, dass viele Studierende zu Hause nicht die nötige Ruhe haben, um gut an einer Online-Prüfung teilnehmen zu können. Ein weiterer Punkt ist für manche Studierende die Internetverbindung, welche, abhängig vom Wohnort, mal mehr, mal weniger stabil ist. Diese nicht beeinflussbaren Faktoren führen dazu, dass viele Studierende froh sind, ihre Prüfungen wieder in Präsenz absolvieren zu können.
Aber nicht nur die Prüfungssituation war eine andere, auch die Aufgabenstellungen wurden den neuen Gegebenheiten angepasst. Während vorher in den Klausuren oft Definitionen gefragt oder Multiple-Choice-Aufgaben zu bearbeiten waren, hat sich während der Online-Semester in manchen Veranstaltungen der Fokus hin zu anspruchsvolleren Aufgaben verschoben.

Student Gerry:

Also natürlich einmal der Punkt, dass über Zoom und Moodle und man wird beobachtet, ist natürlich anders. Und dadurch, ich hatte eben grade schon mal kurz angesprochen gehabt, meine Prüfungen waren mit recht viel Auswendiglernen verbunden. So ein Wissen digital abzufragen ist natürlich etwas schwierig, weil an sich kann man es natürlich mal irgendwie schnell nebenbei nachgucken, sei es in den Folien oder googlen. Das heißt die Aufgaben sind ein bisschen umformuliert worden, dass es nicht ganz so einfach war, straight forward eine Antwort sich zu ergooglen, sondern dass es bisschen versteckt war, die Formulierung entsprechend ein bisschen geändert worden ist. Trotzdem hat man halt geguckt, dass es vom Niveau her relativ ähnlich bleibt. Es kann sein, dass es vom Niveau her ein bisschen schwieriger war, was jetzt aber am Ende vom Bachelorstudium in einer Vertiefung auch nicht unbedingt schlecht sein muss. Dass man nicht unbedingt sagt, okay ich frag jetzt die Reaktionsgleichung ab, die ich einfach nur auswendig lernen muss, sondern ich muss halt irgendwas damit machen, ein bisschen tieferes Verständnis zeigen. Also das ist ein Unterschied, aber der war eigentlich zumindest für mich, irgendwie willkommen, solang es immer noch quasi so eine Niveautreppe gibt und jetzt nicht direkt von Anfang an Transfer, Transfer, Transfer, sondern auch mal so ein bisschen zum Reinkommen.

Laura: Von dieser Verschiebung hin zu anwendungsbezogenen Aufgaben haben uns mehrere Studierende berichtet, wobei die Resonanz auf diese Veränderung sehr positiv ist. So führen zum Beispiel praxisnah gestaltete Prüfungsaufgaben zu einer tiefergehenden Beschäftigung mit dem Lernstoff und zu einem nachhaltigeren Lerneffekt, wie ein Student aus dem Wirtschaftsingenieurswesen berichtet.

Student Hendrik:

Ich glaube, Prüfungen wo ich wirklich was gelernt habe oder die mir im Kopf geblieben sind, sind Prüfungen, die so ein bisschen von dem, sage ich mal allgemeinen Prüfungsstandard in dem Sinne abgewichen sind, dass sie nicht irgendwie dieses ultra klassische Multiple-Choice Format zum Beispiel erfüllen. Also, dass sie einen mit irgendwas konfrontiert haben, was man so in der Art nicht erwartet hat, was die Prüfung natürlich schwieriger macht, aber auch gleichzeitig einen zwingt so, sich aus seiner Komfortzone des Lernens vielleicht so ein bisschen rauszubewegen. Und ich glaube das sind dann Momente, wo auf jeden Fall ein großer Lerneffekt stattfinden kann. Auf der anderen Seite muss man natürlich immer aufpassen, weil wie gesagt, das ist natürlich dann auch deutlich schwieriger als einfach nur Wissen abzufragen.

Laura: In den Aussagen der Studierenden wird immer wieder deutlich, dass Prüfungen das Lernen der Studierenden beeinflussen. Wie wir gehört haben, empfinden Studierende das Anspruchsniveau in kompetenzorientierten Prüfungen höher. Wenn sich der Schwierigkeitsgrad der Prüfung erhöht, muss natürlich auch das Niveau der Lehrveranstaltung angepasst werden und man sollte den Studierenden passende Lerngelegenheiten beziehungsweise Übungsaufgaben bieten, die angemessen auf die Prüfung vorbereiten.
Nachdem wir uns angehört haben, wie die Studierenden die Prüfungen an sich wahrnehmen, kommen wir jetzt zu der Frage, wie die Prüfungsergebnisse an die Studierenden rückgemeldet werden. Wir haben die Studierenden gefragt, ob und, wenn ja, wie sie Feedback zu ihren Leistungen erhalten. In zwei Antworten hören wir jetzt einmal rein.

Student Felix:

Ehrlich gesagt kaum bis wenig. Also ich hatte bei 4 Hausarbeiten hatte ich eine Hausarbeit bei, wo ich von meinem Dozenten eine ausführliche, was heißt ausführliche, aber ein aufschlussreiches Feedback bekommen hatte zu der Hausarbeit, in welchen Stellen in der Hausarbeit ich gut oder schlecht gearbeitet habe, was man verbessern kann und was nicht. Und bei einer Klausur hatte ich mal nachgefragt und hatte dann auch wirklich ein zweckorientiertes Feedback auch erhalten, aber ansonsten blieb das Feedback komplett aus.

Student Immanuel:

Das unterscheidet sich sehr stark nach Dozent und nach Art der Prüfung. Bei den schriftlichen Prüfungen natürlich von sich aus erstmal gar nicht. Die Noten wurden bei Boss eingetragen und das wars dann eben auch. Man konnte natürlich zur Einsicht gehen. Das hat man dann meistens eben gemacht, falls eine Prüfung nicht bestanden wurde, damit man eben gesehen hatte, wie viel gefehlt hatte und was gefehlt hatte. Das ist natürlich dann sinnvoll jetzt. Aber von sich aus geben die Dozenten erstmal kein Feedback, was wahrscheinlich auch eben einfach dem Umfang der Prüfungen zu schulde zu kommen ist. Bei mündlichen Prüfungen erfolgt ja dann immer nach der Prüfung, nach der Beratung der beiden Prüfer, dann ein Feedback. Da wird natürlich ein bisschen gesagt, ja an der und der Stelle war es nicht so gut und da hat es gemangelt und deshalb geben wir die und die Note, das Feedback ist natürlich dann vorhanden auch. Bei Seminararbeiten ist es auch eher unterschiedlich. Ich hatte auch eine Seminararbeit geschrieben, da gab es gar kein Feedback, da war einfach die Note dann. Ich denke mal, ich hätte auch mir ein Feedback einholen können, aber da muss man sich selbst drum kümmern auch. Oder bei einer Abgabe, die ich gemacht hatte, das war etwas Informatisches eher, da haben wir wirklich einen Bewertungsbogen bekommen. Da waren die einzelnen Teile der Abgabe gegliedert gewesen und da wurde dann auch ein relativ ausführliches Feedback zu gegeben. Das war dann schon sehr hilfreich. Aber prinzipiell ist jetzt Feedback höchstens auf Eigeninitiative einzuholen und ansonsten sehr wenig vorhanden.

Laura: Dass es Feedback nur auf Nachfrage geben wird, ist eine Antwort, die wir häufiger von den Studierenden erhalten haben. Im Kern der Aussagen steckt, dass sie sich gerne mehr Feedback wünschen würden. Insbesondere nach Modulprüfungen wünschen sich Studierende mehr Informationen zu ihrem Lernstand. Eine Studentin merkte an, dass ihr auch schon 1-2 Sätze reichen werden, um ihre Leistung besser einordnen zu können. Oft werden Ergebnisse von Klausuren lediglich im BOSS veröffentlicht. Eine konkrete Rückmeldung darüber, was Studierende gut und was weniger gut gemeistert haben und wo sie eventuell noch intensiver lernen müssen, bleibt nach Prüfungen am Ende einer Lehrveranstaltung größtenteils aus. Manchmal wollen Studierende aber einfach auch mal bei guten Ergebnissen ein Feedback bekommen.

Studentin Jana:

Also ich finde, wenn man halt irgendwie eine Prüfung besonders gut geschrieben hat oder jetzt auch vielleicht der Dozent einen auch irgendwie persönlich kennt, weil der Kurs nicht so groß ist; finde ich vielleicht schon, dass man irgendwie nochmal persönlich drüber reden kann oder halt irgendwie nochmal eine Mail bekommen kann. So von wegen, ja, das hat mir besonders gut gefallen. Oder ich finde halt, dass man das vielleicht nochmal ein bisschen ja per Mail kommunizieren könnte, dass man auch irgendwie selber nochmal weiß, okay da muss ich nochmal drüber schauen oder mich nochmal mit auseinandersetzen. Oder weiß ich nicht, wenn man jetzt wirklich richtig gut geschrieben hat, dass man halt vom Dozenten eine Rückmeldung bekommen kann. So, ja, ich sehe irgendwie das gelingt dir voll gut oder das ist halt so dein Thema, dann schau, dass du vielleicht weiter so in die Richtung gehst oder so, dass man halt irgendwie dadurch noch mal so ein bisschen auch den Anstupser bekommt, sich damit zu beschäftigen.

Laura: Gerade in Klausureinsichten erfolgt nur mündliches Feedback, bei dem man allerdings schnell den Überblick verlieren kann, wie eine weitere Studentin anmerkt.

Studentin Karolin:

Ein bisschen mehr Feedback würde ich mir so schriftlich festgehalten wünschen, weil gerade, wenn man so ein Feedback mündlich mitgeteilt bekommt, das ist dann erstmal sehr viel was auf einen einprasselt und ja, um zumindest da noch ein paar Eckpunkte noch mitzunehmen. Also manchmal, gerade bei Hausarbeiten, hat man auch nochmal ein Stück weit Einsicht in die Notizen, aber das würde auf jeden Fall helfen, gerade bei Hausarbeiten nochmal sich selber Notizen machen zu dürfen und auch so ein paar Eckpunkte zu haben – so ja, in dem und dem Bereich da muss ich nochmal genauer schauen – weil sonst vergisst man halt sehr viel sehr schnell wieder.

Laura: Der Wunsch, mündlich erhaltenes Feedback zu Hause noch einmal durchgehen zu können, war bei mehreren Studierenden vorhanden. Es könnte daher sinnvoll sein, Studierenden die Möglichkeit zu geben, sich in Klausureinsichten oder bei der Besprechung von Hausarbeiten Notizen zu machen.
Abschließend haben wir die Studierenden gefragt, was Lehrende tun können, um die Prüfungssituation so angenehm wie möglich zu gestalten. Ein Aspekt, der den Studierenden wichtig ist, ist die gute Erreichbarkeit von Dozierenden, wie diese Äußerung zeigt.

Studentin Lena:

Ja, auf jeden Fall mehr Austausch irgendwie ermöglichen, sowohl zwischen den Studenten untereinander als auch zwischen den Dozenten und den Studenten. Weil oft ist es dann halt auch so, ja es gibt Sprechstunden, aber die sind dann entweder immer zu ganz blöden Zeiten, dann werden sie irgendwie abgesagt und man kriegt dann halt auch nicht, also man hat dann auch nicht die Möglichkeit diesen Dozenten mal zu erreichen. Also das hatte ich auch schon mehrfach, dass man sich dann irgendwie vor einer Klausur einen Sprechstundentermin geholt hat und ja der dann einfach abgesagt wurde und ja man dann halt irgendwie nicht die Möglichkeit hatte da irgendwie dranzukommen. Und auch E-mails – klar es gibt auch Dozenten, da kriegst du irgendwie innerhalb von 1, 2 Tagen eine Antwort. Es gibt aber auch Dozenten, da kriegst du nach drei Wochen eine Antwort und das ist dann halt einfach, da ist der Austausch einfach zu schlecht.

Laura: Andere Studierende haben betont, dass es ihnen vor allem hilft, wenn die Lernziele der Veranstaltung von Beginn an offen kommuniziert werden und in der Veranstaltung regelmäßig Beispielfragen besprochen werden. Aus einer Aussage einer Studentin wird deutlich, wie wertvoll sie zur guten Vorbereitung auch Probeklausuren findet.

Studentin Jana:

Also ich finde auf jeden Fall, dass man so Probeklausuren machen kann. Dass man vielleicht, jetzt nicht Klausuren aus den letzten Semestern hat, wenn die zum Beispiel übernommen werden, aber dass man praktisch immer so eine Probeklausur zur Verfügung stellt, sodass man auch für sich irgendwie nochmal vorher selber gucken kann, ob man das wirklich verstanden hat und sich vielleicht auch dann Notizen machen kann, ob man das halt nochmal wiederholen sollte. Und ich hatte das zum Beispiel bei mir im Statistikkurs, dass er, also mein Dozent, praktisch so Vorab-Aufgaben auch immer hochgeladen hat, die wir dann auch in Gruppen bearbeiten konnten – oder auch einzeln – und die dann praktisch bei Moodle hochladen konnten und er die dann halt nochmal korrigiert hat. Dass man so auch nochmal ein direktes Feedback dazu bekommen hat, ob man es verstanden hat oder es sich nochmal angucken sollte.

Laura: An dieser Stelle sei noch einmal erwähnt, dass die hier dargestellten Äußerungen sicherlich nur einen kleinen Einblick in die studentische Sichtweise verschaffen und sich nicht verallgemeinern lassen. Unsere Gespräche mit den Studierenden zeigen vor allem, dass es eine große Vielfalt bei der Gestaltung und Durchführung von Prüfungen sowie dem Umgang mit Prüfungsergebnissen gibt.
Zwei Dinge lassen sich jedoch aus unserer Sicht festhalten: Zum einen der Wunsch der Studierenden nach Feedback zu ihren Prüfungsleistungen. Zum anderen der Wunsch nach Transparenz in den Lehrveranstaltungen, um sich bestmöglich auf die Prüfung vorbereiten zu können.

[Start Musik]

Laura: Wir hoffen, dass Ihnen dieser Podcast gefallen hat und Ihnen vielleicht sogar eine Anregung zur Gestaltung Ihrer Lehrveranstaltungen und Prüfungen gegeben hat. Damit verabschieden wir uns und bedanken uns herzlich fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal!

[Ende Musik]