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Zentrum für HochschulBildung
Podcast "Schon gehört?" | Folge 6

KI an der Hochschule – Zwischen Lehrbuch und Algorithmus

Autorinnen: Lara Pauls, Wiebke Malin Peckedrath & Laura Schulte
Musik: Playground Fun by Ahjay Stelino/Mixkit.co | Dance with Me by Ahjay Stelino/Mixkit.co

In der sechsten Podcast-Folge von "Schon gehört?" dreht sich noch einmal alles um den Einsatz von KI im Hochschulbereich. Diesmal haben unsere studentischen Mitarbeiterinnen eine Umfrage unter Studierenden gestartet und die Ergebnisse mit Lehrenden diskutiert. Lassen Sie sich mitnehmen in die Welt zwischen Lehrbuch und Algorithmus an der TU Dortmund.

Download (mp3 – 18,5 MB)


Transkript der Folge 6: KI an der Hochschule

Moderatorinnen: Lara & Wiebke
Interviewpartner*innen: Lehrende der TU Dortmund

[Start Musik]

Lara: Hallo und herzlich willkommen zur sechsten Ausgabe von "Schon gehört?" – dem hochschuldidaktischen Podcast von Studierenden für Lehrende. Mein Name ist Lara und dieses Mal begleitet mich meine Kollegin Wiebke.

Wiebke: Hallo zusammen, ich bin Wiebke! Schön, dass Sie wieder mit dabei sind.

[Ende Musik]

Wiebke: Heute werfen wir einen genaueren Blick auf das Thema künstliche Intelligenz im Hochschulkontext, insbesondere im Zusammenhang mit dem viel diskutierten Sprachmodell ChatGPT. Seit seiner Veröffentlichung im November 2022 hat ChatGPT nicht nur die Welt der generativen künstlichen Intelligenz revolutioniert, sondern auch die Hochschulen aufgemischt. Die Frage nach dem angemessenen Umgang mit solchen Technologien durchzieht die Campusflure und entfacht lebhafte Diskussionen und Informationsaustausch.

Lara: An einigen Universitäten macht sich ein Gefühl der Unsicherheit breit. Lediglich etwa 36 % der Hochschulen haben bis dato Richtlinien für den Einsatz von ChatGPT entwickelt. Von der Hochschule München, die enthusiastisch den Einsatz fördert und einen hochschulweiten Zugang zu ChatGPT eingeführt hat, bis hin zu anderen, die zurückhaltend reagieren – die Vielfalt der Reaktionen spiegelt sich in einem Mosaik wider. Die Frage, ob ChatGPT und andere KI-basierte Tools als Lehrwerkzeug integriert und Studierende zur Nutzung ermutigt werden sollten, steht im Raum. Gleichzeitig wirft die plötzliche Verbreitung solcher Tools Fragen auf, die die Welt von Hausarbeiten und Prüfungen in einem neuen Licht erscheinen lassen.

Wiebke: Und diese Unsicherheiten betreffen nicht nur die Universitäten selbst, sondern stellen auch die Studierenden vor die Herausforderung, sich in einem Meer unterschiedlicher Ansätze zurechtzufinden. Trotz der medialen Präsenz und kontroversen Diskussionen mangelt es aufgrund der Aktualität der Thematik bisher an umfassenden Informationen darüber, welche Einstellungen die Akteure an Universitäten generell gegenüber generativer künstlicher Intelligenz vertreten.

Lara: Genau, und deshalb haben wir eine Online-Umfrage zu KI-basierten Tools im Hochschulkontext durchgeführt. An der Umfrage beteiligten sich 99 Studierende der TU Dortmund aus unterschiedlichen Fakultäten und Fachsemestern. Im Anschluss führten wir zusätzlich Interviews mit Lehrenden der TU Dortmund durch, um auch ihre Einschätzungen zu erfahren. Dabei interessierte uns vor allem, wie sie das Thema bewerten, welche Chancen und Herausforderungen sie erkennen und inwieweit die neuen Tools in ihrer Lehre Anwendung finden oder ob sie überhaupt genutzt werden. Im weiteren Verlauf möchten wir Ihnen die zentralen Ergebnisse dieser Befragungen präsentieren.

Wiebke: Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Mehrheit der Studierenden, wenn nach bereits genutzten KI-basierten Tools im Studium gefragt wurde, vorwiegend ChatGPT angegeben hat. Eine Minderheit nannte auch DeepL, das ist ein KI-gestütztes Übersetzungstool. Allerdings gaben lediglich 30 % unserer Befragten an, ChatGPT überhaupt schon einmal in ihrem Studium genutzt zu haben. Als Gründe beziehungsweise Zweck der Nutzung wurden vor allem die folgenden Punkte genannt: zur Recherche und Informationsbeschaffung, aus Neugier oder Interesse an künstlicher Intelligenz, zur automatisierten Texterstellung und Umformulierung von Texten sowie zur Organisation des Studiums. Was sagst du zu diesen Ergebnissen Lara, überraschen sie dich?

Lara: Ja, um ehrlich zu sein schon ein bisschen. Innerhalb meines Kommiliton*innen-Kreises wird häufig über ChatGPT und ähnliche Tools gesprochen und wir alle verwenden ChatGPT inzwischen regelmäßig als Unterstützung im Studium. Daher hätte ich einen Anteil von mehr als 30 % erwartet. Die konkrete Nutzung, also wofür Studierende künstliche Intelligenz im Studium genau nutzen, überrascht mich jedoch nicht. Die von dir genannten Punkte, Wiebke, sind im Wesentlichen auch diejenigen, für die ich ChatGPT bisher eingesetzt habe. Interessanterweise decken sie sich größtenteils auch mit den Ergebnissen einer quantitativen Auswertung einer Umfrage über die Lebensrealität mit generativer künstlicher Intelligenz an der Uni Hamburg im Juli diesen Jahres. An dieser Umfrage nahmen 1.215 Studierende teil und es stellte sich heraus, dass Studierende künstliche Intelligenz im Studium hauptsächlich zur Ideenfindung und Brainstorming, Recherche und Informationsbeschaffung, Formulierungs- und Strukturierungshilfe beim Schreiben, Unterstützung beim Lernen und zur Studienorganisation nutzen. Allerdings gaben hier 30 % an, noch nie KI-basierte Tools in ihrem Studium verwendet zu haben. Im Vergleich dazu waren es 20 %, die diese selten, also weniger als einmal im Monat, nutzten, 26 % manchmal (sprich mehrmals im Monat), 19 % häufig (also mehrmals in der Woche) und 5 % sehr häufig (also täglich). Diese Zahlen unterscheiden sich schon deutlich von dem Nutzungsverhalten unserer Befragten. Wobei wir nicht vergessen dürfen, dass an unserer Umfrage insgesamt 99 Studierende teilgenommen haben, was einen direkten Vergleich natürlich erschwert.

Wiebke: Ja, das stimmt. Es wäre auf jeden Falls spannend zu sehen, wie die Ergebnisse aussehen würden, wenn wir eine ähnlich große Stichprobe wie die Uni Hamburg hätten. Besonders interessant fand ich auch, dass 15 % unserer Befragten bejahten, KI-generierte Texte schon einmal als ihre eigenen ausgegeben zu haben. Als Beweggründe gaben sie hauptsächlich einen starken Zeitdruck an, dem sie ausgesetzt waren, sowie die Erkenntnis, dass ChatGPT bessere Texte produzieren kann als sie selbst. Ich muss auch sagen, ich kann das vollkommen verstehen. In meinem Studium stehen oft so viele Abgaben an, dass es mir einfach manchmal zeitlich schwerfällt, alles zu bewältigen. Und es kommt mir manchmal auch so vor, als läge der Fokus mehr auf dem Schreiben als auf den eigentlichen Inhalten.

Lara: Ja, da kann ich mich nur anschließen. Hinzu kommt, dass man für die teilweise wöchentlichen Abgaben oft umfangreiches Material lesen muss, wofür bereits viel Zeit draufgeht, bevor man überhaupt mit dem Schreiben beginnen kann. Eine Methode, die mir in solchen Situationen geholfen hat, besteht darin, die entsprechenden Texte von ChatGPT zusammenfassen oder kürzen und die zentralen Aspekte herausfiltern zu lassen. Dadurch konnte ich gelegentlich Zeit sparen, da ich nicht immer die gesamten Texte lesen musste.

Wiebke: Dies passt gut zu den Einschätzungen der befragten Studierenden zur Integration von KI-basierten Tools in Lehrveranstaltungen. Denn ein Aspekt war dabei die Möglichkeit, solche Tools als Unterstützung bei der Erarbeitung von Texten oder Aufgaben sowie zur Textkürzung einzusetzen. Darüber hinaus äußerten die Studierenden die Vorstellung, solche Tools als zusätzliche Erklärungshilfe während der Lehrveranstaltung zu integrieren. Auch die Nutzung von KI-Tools zur Gestaltung von ansprechenderen Lehrmaterialien und Präsentationen wurde von den Studierenden genannt. Nicht zuletzt können die Studierenden sich vorstellen, dass KI-basierte Tools den Dozierenden dabei helfen könnten, schnelleres und individuelles Feedback zu geben und eine objektive Bewertung bei Prüfungen zu ermöglichen.

Lara: Meiner Meinung nach unterstreichen diese Erkenntnisse das Potenzial von künstlicher Intelligenz nicht nur als Unterstützung für Studierende, sondern auch als wertvolles Werkzeug für Lehrende in der Bildung. Es fasziniert mich besonders, wie vielfältig die Studierenden sich den Einsatz von künstlicher Intelligenz in unterschiedlichen Bereichen der Lehre vorstellen können. Spannend fand ich auch die Frage, was sich die Studierenden von den Dozierenden wünschen, wenn es um den Einsatz von KI-basierten Tools in Lehrveranstaltungen geht. Was kam denn dabei heraus, Wiebke?

Wiebke: Ja, es hat sich gezeigt, dass die Studierenden sich vor allen Dingen Transparenz wünschen von den Dozierenden. Es ist oft nicht klar, ob es erlaubt oder vielleicht sogar gewünscht ist, KI-Tools wie ChatGPT bei der Bearbeitung von Aufgaben oder bei der Erstellung von Studienleistungen oder Abgaben einzusetzen.

Lara: Das kann ich total gut nachvollziehen. Wenn ich so drüber nachdenke, fällt mir keine meiner Lehrveranstaltungen ein, in denen das Thema mal offen angesprochen wurde. Lediglich in einer wurden wir Studierende gefragt, ob wir ChatGPT schon einmal genutzt haben. Aber das war's dann eigentlich auch. Eine Einbindung von KI-basierten Tools hat, nebenbei gesagt, bisher in keiner meiner Lehrveranstaltung stattgefunden.

Wiebke: Ja, und genauso verhält es sich auch mit den Chancen und Grenzen von KI-basierten Tools. Diese sind den Studierenden zum Teil nicht klar und auch hier wünschen sie sich eine stärkere Aufklärung – entweder in den Lehrveranstaltungen selbst oder in Form von Schulungen, die zur Sensibilisierung beitragen und sinnvolle Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz aufzeigen. Darüber hinaus sprechen sich die meisten der Befragten dafür aus, dass KI-basierte Tools in Lehrveranstaltungen akzeptiert und integriert werden. Nur sechs der von uns Befragten betrachten den Einsatz solcher Tools als grundsätzliches Risiko und plädieren daher für einen vollständigen Verzicht auf ihre Verwendung in universitären Veranstaltungen. Leider haben diese sechs Personen nicht näher erläutert, warum sie die Verwendung solcher Tools als grundsätzlich riskant empfinden. Es wäre interessant zu erfahren, welche Bedenken oder Überlegungen dahinterstehen.

Lara: Ja, das stimmt. Möglicherweise spielt auch die derzeitige Unsicherheit seitens der Studierenden eine Rolle, da sie nicht genau wissen, welche Möglichkeiten, aber eben auch Risiken diese Technologien mit sich bringen und welche Auswirkungen künstliche Intelligenz in der Zukunft haben könnte. Aber wenn wir uns gerade über den Einsatz von KI-basierten Tools in Lehrveranstaltungen unterhalten, macht es meiner Meinung nach Sinn, nun auch die Perspektive der Dozierenden zu berücksichtigen. Aus den Interviews wird nämlich deutlich, dass einige Themen der Studierenden in den Aussagen der Dozierenden wiederzufinden sind. Aber lassen Sie uns zunächst einmal die Chancen und Herausforderungen betrachten, die Dozierende im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz an der Hochschule sehen.

Wiebke: Auffällig ist, dass alle befragten Dozierenden vor allen Dingen Chancen erkennen und dem Ganzen positiv gegenüberstehen. KI-basierte Tools führen aus ihrer Sicht zu einer Zeitersparnis auf organisatorischer Ebene, da sie bei der Planung von Lehrveranstaltungen unterstützen können. Gleichzeitig betonen die Dozierenden jedoch die Notwendigkeit, kritisch zu prüfen, inwiefern die Lehrveranstaltung an die Bedürfnisse der Studierenden angepasst werden muss. Aus Sicht einer Dozentin könnte künstliche Intelligenz auch genutzt werden, um Studierenden individuelle Rückmeldungen zu geben, was ebenfalls von den Studierenden – Stichwort schnelleres und individuelles Feedback – angesprochen wurde. Ein weiterer spannender Punkt wird von Dr. Konrad Boettcher von der Fakultät Bio- und Chemieingenieurwesen, Bereich Strömungsmechanik, angesprochen. Hören wir einmal rein:

Dr. Konrad Boettcher:

Chancen sehe ich dann vor allem auch darin, dass viele Lehrende wahrscheinlich ihr eigenes Lehrkonzept überarbeiten müssen. Das heißt, wenn manche vielleicht nur sowas wie Wissen und Erinnern oder so was, also niedrige kognitive Taxonomiestufen adressieren, dass sie dann doch gezwungen sind, doch mal zu überdenken und zu überarbeiten, was sie da eigentlich genau tun und welche Kompetenzen die Studierenden am Ende haben sollen.

Lara: Als Herausforderung oder Aufgabe für die Dozierenden wurde genannt, die Studierenden sinnvoll aufzufangen und bei vielen Tools zunächst lernen zu müssen, wie man sie vernünftig handhabt und wie sie am besten eingesetzt werden können. Insgesamt vertreten die befragten Dozierenden die Ansicht, dass künstliche Intelligenz ein großes Potenzial hat, nützliche Tools hervorzubringen, die sowohl das Leben der Studierenden als auch das der Dozierenden erheblich erleichtern können.

Wiebke: Darüber hinaus haben wir die Dozierenden gefragt, was die Verbreitung von KI-basierten Tools im Hinblick auf Prüfungen, wie zum Beispiel Hausarbeiten, bedeutet. Hausarbeiten müssen aus ihrer Sicht angepasst werden, wobei Dr. Silke Frye von der Ingenieurdidaktik, Bereich Lehramtsausbildung, folgenden Standpunkt vertritt:

Dr. Silke Frye:

Da bin ich auch tatsächlich wirklich völlig entspannt. Weil ich glaube, dass es eigentlich eine große Chance ist, dass wir nochmal neu über das Thema Prüfungen nachdenken müssen. Diese große Panik, die da gekommen ist, mit dem Thema KI und "jetzt schummeln alle mit KI" oder "jetzt lassen alle ihre Texte damit schreiben" zeigt ja, dass wir eigentlich auf der falschen Ebene unserer Prüfungen unterwegs sind. Also wenn ich eine Prüfung habe, die man komplett mit KI bestehen kann, dann ist nicht die KI das Problem, sondern die Prüfung, weil ich dann nur auf Wissensebene unterwegs bin. Weil das ist das, was KI kann. Also Informationen irgendwie zusammenstellen und die irgendwie grob vernetzen, aber Sachen wirklich verstehen und durchdringen und erklären und anders darstellen, das muss immer noch der Mensch machen. Da kann die KI so ein bisschen Einstiegshilfe leisten, aber eben mehr auch nicht. Und deshalb bin ich bei meinen Prüfungen tatsächlich sehr entspannt, weil ich glaube, dass ich da wie gesagt auf einer Ebene unterwegs bin, wo das inhaltlich nichts macht. Macht nur für mich eben das Lesen hinterher einfacher und angenehmer, weil es ein bisschen glatter ist als vorher vielleicht.

Lara: Dieses Statement harmoniert meiner Meinung nach gut mit dem, was wir zuvor von Dr. Boettcher gehört haben. Beide Äußerungen verdeutlichen, dass das Thema künstliche Intelligenz an der Hochschule zweifellos dazu führt, die Lehre neu zu überdenken, sei es im Hinblick auf die Lehrkonzepte selbst oder, wie wir gerade angesprochen haben, in Bezug auf Prüfungen. In diesem Zusammenhang hat uns natürlich interessiert, ob und inwieweit die befragten Dozierenden selbst derzeit KI-basierte Tools in ihrer Lehre einsetzen. Was hat sich dabei ergeben, Wiebke?

Wiebke: Eine Dozentin setzt ChatGPT selbst als Unterstützung beim Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten, wie beispielsweise Abstracts, ein. Sie plant, in Zukunft verstärkt auf die Nutzung KI-basierter Tools in ihren Lehrveranstaltungen zu setzen. Dabei beabsichtigt sie, gemeinsam mit den Studierenden über die Chancen und Herausforderungen zu reflektieren und ein Bewusstsein für die Wichtigkeit von Quellen zu schaffen. Aktuell verwendet sie KI-basierte Tools jedoch ausschließlich zur Vorbereitung ihrer Lehre, beispielsweise im Kontext von Übersetzungsleistungen.

Dozentin A:

Was ich bisher jetzt gemacht habe ist, dass ich selber KI, also jetzt so die KI-Tools wie DeepL und ChatGPT, habe ich als Übersetzungleistung, im Rahmen von Übersetzungsleistungen genutzt. Und ich glaube, dass dadurch stärker nochmal als Chance zu sehen ist, dass ich meine Lehre stärker internationalisiere, also ich sage jetzt mal in der Form, weil ich halt englische Texte mit einbeziehen kann stärker. Also ich kann noch stärker, das habe ich vorher auch, aber halt bis ich einen Text gelesen habe – ich kann halt viel mehr Texte auch nutzen, gegenüberstellen, vergleichen, dadurch, dass ich KI-Tools nutze. Und das ist glaube ich schon auch nochmal für mich jetzt aktuell in der Lehre echt eine Hilfe, dass ich sagen kann, ich kann internationale Literatur stärker miteinbeziehen.

Wiebke: Im Gegensatz dazu berichtete uns Silke Frye, dass sie KI-basierte Tools mittlerweile regelmäßig in ihren Lehrveranstaltungen einsetzt. Innerhalb der Lehramtsausbildung ermutigt sie Studierende explizit dazu, Tools zu nutzen, die ihnen bei ihren Ausarbeitungen behilflich sind, sei es für die erste Ideenfindung oder die Kontrolle des eigenen Textes. Dabei erfolgt stets eine kritische Reflexion der Nutzung gemeinsam mit den Studierenden. Zusätzlich behandelt sie künstliche Intelligenz als inhaltliches Thema in ihrem Seminar. Hier können die Studierenden verschiedene KI-basierte Tools zur Unterstützung bei der Unterrichtsvorbereitung recherchieren, testen und anschließend reflektieren.

Lara: Das klingt ja total spannend! Und wie ist die Resonanz der Studierenden darauf?

Dr. Silke Frye:

Am Anfang haben sie ungefähr dreimal gefragt, ob ich das ernst meine, weil da immer eher so ein bisschen Bedenken mitschwingen, ob das denn okay ist, wenn man damit arbeitet oder so KI Sachen nutzt. Ich glaube, dass häufig Studierende unsicher sind, weil das irgendwie noch nicht so richtig klar ist, was man jetzt machen darf damit und was man nicht machen darf, gerade wenn es um Bewertungen geht. Und ich glaube, der Hintergrund, dass das so unklar ist, dass die meisten von uns Lehrenden einfach auch noch nicht so richtig klar haben, was denn da passiert und wie diese Tools so funktionieren und was man damit machen kann und was nicht. Das ist so die erste Reaktion. Die zweite Reaktion ist dann, dass sie es cool finden, das auszuprobieren und das einfach ausprobieren zu dürfen. Und sie finden es aber meistens auch gut, da noch einmal drüber zu diskutieren, also sich mit den anderen auszutauschen und dann festzustellen, was denn da alles für ein Murks bei rumkommt manchmal. Und festzustellen, dass sie selber fachlich schon so weit sind, dass sie das selber auch beurteilen können. Ich glaube, dass das ja auch ein wesentlicher Punkt ist, also dieses kritische Reflektieren und Hinterfragen von dem, was da rauskommt. Also nur ein KI-Tool nutzen, kann jeder. Vernünftig mit den Ergebnissen umgehen, dafür muss man dann ein bisschen weiter sein. Und das ist irgendwie ja auch eine ganz schöne Erkenntnis, wenn man dann feststellt, dass das Studium dabei geholfen hat, dass man diese Expertise aufgebaut hat.

Wiebke: Auch Dr. Konrad Boettcher greift in seiner Erklärung zur Verwendung von KI-basierten Tools in der Lehre unter anderem auf das zuvor von Dr. Silke Frye erwähnte "kritische Reflektieren und Hinterfragen von dem, was da rauskommt" zurück.

Dr. Konrad Boettcher:

Ja, also ich habe ein paar Mal ChatGPT verwendet. Und ich habe das einmal in der Strömungsmechanik verwendet, um bei irgendwelchen Aufgaben zu gucken, inwieweit ChatGPT in der Lage ist, das zu lösen. Und dann habe ich das projiziert und wir haben dann gemeinsam durchgearbeitet, welche Fehler die KI gemacht hat. Und zum anderen haben wir das auch in einem Laborversuch schon mal verwendet, dass wir dann Teile von einem Skript eingespart haben und die Studierenden mussten dann halt mit Hilfe der KI feststellen oder sich dann quasi selbst erarbeiten, wie vorzugehen ist. Das heißt, wir haben dann damit den Autonomiegrad der Studierenden erhöht.

Lara: Es überrascht mich schon, wie stark einige Dozierende bereits KI-basierte Tools in ihren Lehrveranstaltungen einsetzen. Vor allem, weil ich wie gesagt selbst bislang keine Erfahrung mit der Nutzung solcher Tools in meinen Lehrveranstaltungen gemacht habe. Obwohl dies möglicherweise bereits aus den vorherigen Beiträgen hervorgeht, möchte ich an der Stelle nochmal betonen, dass alle befragten Dozierenden einstimmig dafür plädieren, Studierende dazu zu ermutigen, ChatGPT oder andere KI-basierte Tools zu verwenden, denn schließlich sind sie Teil ihrer Lebensrealität. Wichtig ist, Studierende dabei zu begleiten und sie bei der Entwicklung von Kompetenzen zu unterstützen, die ihnen ermöglichen, sinnvolle von nicht sinnvollen Anwendungsbereichen künstlicher Intelligenz zu unterscheiden.

Wiebke: Zum Schluss möchte ich noch einen Aspekt einbringen, den uns einige Studierende mitgeteilt haben. Bei ihnen herrscht das Gefühl, dass ein Teil der Dozierenden derzeit nur die negativen Seiten der Studierenden sieht, nach dem Motto, alle verwenden künstliche Intelligenz und niemand lernt mehr richtig. Um es in den Worten der Studierenden auszudrücken: Lehrende sollten nicht übertreiben. Dr. Fryes Standpunkt zu dieser Angelegenheit möchten wir Ihnen nicht vorenthalten.

Dr. Silke Frye:

Ja, das ist totaler Blödsinn und ich finde das so schade. So ähnliche Diskussionen hatten wir rund um Corona und digitale Prüfungen. Also das Erste, was wir machen ist immer, alle Studierenden unter so einen Generalverdacht zu stellen. Als wenn das Studium daraus besteht, möglichst den optimalen Weg des Beschisses zu finden, also wie komme ich mit möglichst wenig Aufwand möglichst unwissend durch mein Studium. Das ist ja völliger Quatsch. Also wenn ich vernünftige Lehre mache und mich vernünftig mit meinen Studis austausche und auch so ein bisschen was über – ja Ethik ist jetzt zu weit gegriffen –, aber über so ein Werteverständnis kommuniziere, dann habe ich die Erfahrung gemacht, also es gibt immer jemanden, der irgendwie sich durchschleicht und den wird es auch immer geben, eine hundertprozentige Sicherheit kriegen wir nie hin. Aber wenn man da offen und entsprechend drüber diskutiert, hab ich die Erfahrung gemacht, dass das völlig entspannt ist. Da habe ich nicht das Gefühl, dass da irgendjemand irgendwie bösartig unterwegs ist und nur versucht, da möglichst einfach durchzukommen.

Wiebke: Ja, ich finde das ist auf jeden Fall ein interessanter Standpunkt und auch beruhigend, dass Lehrende das auch so besonnen sehen können. Was brennt dir denn noch auf der Seele, Lara?

Lara: In meinen Augen sollte das Thema künstliche Intelligenz, einschließlich ChatGPT und verwandte Technologien, im Hochschulkontext nicht totgeschwiegen beziehungsweise vernachlässigt werden. Die Entwicklungen in diesem Bereich sind unaufhaltsam und ich hoffe, das ist durch diese Podcast-Folge noch einmal deutlich geworden. Für mich macht es den Anschein, dass sich Studierende und Dozierende derzeit zwischen Lehrbuch und Algorithmus bewegen. Während einige befragte Dozierende das Thema künstliche Intelligenz sehr präsent und positiv betrachten, erleben wir, dass es bei anderen Dozierenden nicht einmal in den Lehrveranstaltungen erwähnt wird, geschweige denn im Lehrkonzept integriert ist. Auch unter den Studierenden gibt es Uneinigkeit und Unsicherheit. Einige bevorzugen traditionelle Lehr- und Lernmethoden und sehen KI-basierte Tools eher als Gefahr oder Risko, während andere diese bereits regelmäßig nutzen und dafür plädieren, dass sie stärker in den Lehrveranstaltungen eingebunden werden sollten. Selbstverständlich sind diese Aussagen nicht verallgemeinerbar und gelten nicht für sämtliche Studierende und Dozierende der TU Dortmund gleichermaßen.

Wiebke: Einig sind sich beide Seiten auf jeden Fall darin, dass das Thema künstliche Intelligenz im Hochschulkontext verstärkt behandelt werden muss. Ein Student bringt es auf den Punkt, ich zitiere: KI ist nicht die Erlösung oder der Untergang der modernen Gesellschaft. Je professioneller der Umgang durch Laien wird, desto eher hat es das Potenzial zum nützlichen Tool. Wir sind der Meinung, dass Lehrende ihre Studierenden aktiv dabei unterstützen können und sollten, einen solch professionellen Umgang mit künstlicher Intelligenz zu entwickeln.

[Start Musik]

Wiebke: Hiermit schließen wir diese Podcast-Folge ab. Wir hoffen, dass sie Ihnen einen ersten Einblick in Ansichten von Lehrenden und Studierenden an der TU Dortmund bezüglich künstlicher generativer KI vermittelt hat. Wir würden uns freuen, wenn Sie auch für sich persönlich etwas mitnehmen konnten. Falls Sie mal ein Thema haben, was wir aus studentischer Sicht beleuchten sollen, dann melden Sie sich gerne bei uns.

Lara: Damit verabschieden wir uns bei Ihnen und bedanken uns herzlich fürs Zuhören!

Wiebke und Lara: Tschüss und bis bald!

[Ende Musik]